So bekannt es ist, daß die Erinnerung unsere vergangenen Eindrücke in unzähligen Fällen bis zur Unkenntlichkeit zu fälschen pflegt; man beachtet sehr wenig, daß ihr auch die Gabe innewohnt, Eindrücke richtigzustellen. So kommt es zuweilen vor, daß wir im Geist ein Wesen vor uns sehen mit einer Haltung, einer Gebärde, einem Blick, wie wir ihn tatsächlich bei diesem Wesen niemals wahrgenommen haben. Und doch leuchtet es uns, geradeso wie es nun vor uns in der Erinnerung steht, als durchaus wirklich ein. Ein solches Erinnerungsbild stellt nämlich gewissermaßen das arithmetische Mittel vor aus hunderten Bildern jenes Wesens, die wir zum Teil tatsächlich im Laufe der Zeit gesehen haben, oder die wir für möglich hielten. Und so gibt uns die Erinnerung, gerade die Erinnerung eine höhere Wahrheit, wie sie uns in den wirklich erlebten Augenblicken nicht gegönnt sein konnte.